Zweitwohnung nach Eigenmietwert-Reform | Liegenschaftssteuer & Szenarien für Eigentümer

October 3, 2025

Einleitung

Mit der national beschlossenen Abschaffung des Eigenmietwerts verändert sich die Logik der Wohneigentumsbesteuerung grundlegend. Parallel dazu erhalten die Kantone die Kompetenz, eine Liegenschaftssteuer auf selbstgenutzte Zweitliegenschaften einzuführen. Für Eigentümerinnen und Eigentümer von Ferienwohnungen, Stadt-Pieds-à-terre oder Wochenaufenthalten ist das ein Gamechanger: Nicht jede Zweitwohnung ist gleich, die geplante Nutzung unterscheidet sich, und die kantonale Umsetzung kann je nach Region variieren. In diesem Beitrag erklären wir, was eine Liegenschaftssteuer im Kern bedeutet, wer betroffen wäre und wie Sie jetzt – noch in der Übergangsphase bis zur praktischen Einführung – Szenarien durchrechnen, um die beste Strategie zu finden: halten, teilvermieten oder verkaufen.

Was eine Liegenschaftssteuer auf selbstgenutzte Zweitwohnungen bedeutet

Unter einer Liegenschaftssteuer versteht man eine laufende Abgabe, die an den Besitz einer Liegenschaft anknüpft, unabhängig davon, ob Erträge anfallen. Der mögliche kantonale Anwendungsfall, über den aktuell diskutiert wird, betrifft Zweitwohnungen, die Sie selbst nutzen – also Ferienwohnungen, Wochenaufenthalte oder City-Apartments, die nicht überwiegend vermietet werden. Die Idee dahinter ist, allfällige Steuerausfälle aus dem Systemwechsel zu kompensieren und gleichzeitig die Gleichbehandlung verschiedener Nutzungen sicherzustellen. Für Erstwohnungen ist eine solche Steuer nicht angedacht; für vermietete Objekte greifen ohnehin andere Regeln, weil dort Einkommensteuer auf Mieterträge anfällt. Wichtig ist: Höhe, Bemessungsgrundlage und allfällige Ausnahmen wären kantonal festzulegen. Deshalb lohnt es sich, bereits heute mit Bandbreiten zu rechnen und die eigene Nutzung ehrlich zu bilanzieren.

Wer konkret betroffen sein kann – und wovon es abhängt

Ob Ihre Liegenschaft überhaupt als Zweitwohnung gilt, hängt rechtlich von Wohnsitz, effektiver Nutzung und kantonalen Definitionen ab. Typische Fälle sind die Ferienwohnung im Bergkanton, das Pied-à-terre in Zürich oder Zug für Pendlerinnen und Pendler, oder ein Objekt, das Sie saisonal für Familie und Gäste vorhalten. Sobald Sie überwiegend selbst nutzen, könnte eine künftige Liegenschaftssteuer greifen; sobald Sie überwiegend vermieten, stehen eher Einkommensbesteuerung und allfällige Abzüge im Vordergrund. Genau hier entscheidet die Nutzungsquote über die beste Strategie: Rechnet sich eine teilweise Vermietung, um die laufenden Kosten zu decken? Oder ist die Immobilie in der jetzigen Form teurer, als sie Ihnen subjektiv wert ist? Diese Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten – sie verlangen eine nüchterne Simulation.

Zeitplan und Übergangslogik: Warum Sie jetzt rechnen sollten

Die politische Weiche ist gestellt, die praktische Umsetzung braucht jedoch Zeit. Realistisch ist ein Start frühestens ab Steuerjahr 2028. Das eröffnet Eigentümern ein wertvolles Planungsfenster. In den nächsten Monaten können Sie Finanzierung, Nutzung, Sanierungen und – falls relevant – einen Verkauf vorausschauend timen. Wer früh simuliert, erkennt, ob eine Zweitwohnung bei einer plausiblen Liegenschaftssteuer von zum Beispiel 0,2–0,4 % des Verkehrswerts weiterhin ins Budget passt, ob Teilvermietung die laufende Belastung vernünftig dämpft – oder ob ein Verkauf wirtschaftlich sinnvoller ist, insbesondere wenn in den nächsten ein bis zwei Jahren ohnehin grössere Investitionen anstehen.

So simulieren Sie Ihre Optionen: Halten, Teilvermietung, Verkauf

Eine robuste Simulation besteht aus vier Bausteinen: objektiver Wert, laufende Kosten, Steuerannahmen und Nutzung. Starten Sie mit einer realistischen Preisspanne für Ihre Zweitwohnung. Diese Spanne ersetzt die frühere „gefühlte“ Grösse und spiegelt Markt und Zustand wider. Danach erfassen Sie laufende Kosten (Hypothekarzinsen, Unterhalt, Versicherungen, Abgaben) und fügen eine Steuerbandbreite für die potenzielle Liegenschaftssteuer hinzu (z. B. 0,2 %, 0,3 %, 0,4 % des aktuellen Marktwerts als Sensitivität). Schliesslich variieren Sie die Nutzung: rein selbstgenutzt, Teilvermietung mit konservativem Nettoertrag, oder Verkauf heute vs. in 12–24 Monaten. Aus diesen Varianten ergeben sich Nettobelastungen pro Jahr, die sich vergleichen lassen.

Drei Rechenbeispiele – so wirkt eine mögliche Liegenschaftssteuer in der Praxis

Um die Dimensionen greifbar zu machen, nehmen wir eine Zweitwohnung mit einem realistischen Marktwert von CHF 1 000 000. Für die Steuer simulieren wir 0,2 %, 0,3 % und 0,4 % pro Jahr (nur als Bandbreite – die effektive Ausgestaltung wäre kantonal).

Fall A: Halten, rein selbstgenutzt
Angenommen, Sie nutzen die Wohnung ausschliesslich privat, haben eine moderate Hypothek und jährliche Unterhaltskosten von CHF 8 000. Bei 0,3 % Liegenschaftssteuer wären zusätzlich CHF 3 000 pro Jahr zu budgetieren. Zusammen mit Zinsen (variabel je nach Finanzierung) und Fixkosten ergibt sich eine klare Zahl, die Sie der tatsächlichen Nutzung gegenüberstellen. Wird die Zweitwohnung nur wenige Wochen genutzt, ist die Kosten-pro-Nutzungsstunde-Rechnung oft erhellend.

Fall B: Teilvermietung von 8 Wochen pro Jahr
Sie erzielen brutto CHF 20 000, nach Kosten und Reserven bleiben konservativ CHF 12 000 netto. Bei derselben Steuer von CHF 3 000 reduziert die Teilvermietung die Jahresbelastung spürbar. Beachten Sie, dass Einkünfte aus Vermietung steuerlich zu erfassen sind und die Einstufung „selbstgenutzt“ vs. „vermietet“ je nach Nutzungsanteil eine Rolle spielt. Dennoch zeigt das Beispiel: moderate Vermietung kann die laufende Last abfedern, ohne die eigene Nutzung völlig aufzugeben.

Fall C: Verkauf und Reinvestition
Nehmen wir an, ein Verkauf heute bringt innerhalb des Preisbands CHF 980 000 bis CHF 1 030 000. Die Frage lautet: Welche Netto-Ersparnis resultiert über fünf Jahre, wenn laufende Kosten und eine potenzielle Steuer entfallen – im Vergleich zu einer alternativen Anlage oder zur gezielten Reinvestition (z. B. energetische Sanierungen an der Erstwohnung, Amortisation, neues Projekt)? Wer die Immobilie lange gehalten hat, profitiert steuerlich häufig durch Besitzdauer-Effekte beim Grundstückgewinn; wer nur kurz gehalten hat, muss Zuschläge einkalkulieren. Das Modell zeigt, ob TCO (Total Cost of Ownership) und Opportunitätskosten einen Verkauf rechtfertigen.

Regionale Perspektive: Zürich, Zug, Aarau, Schwyz und St. Gallen

In Zürich sind Stadt-Pieds-à-terre und Wochenaufenthalte verbreitet, während klassische Ferienwohnungen seltener sind. Die Zahlungsbereitschaft ist hoch, aber die Kosten-pro-Nutzung-Rechnung fällt oft kritisch aus, wenn die Wohnung nur punktuell genutzt wird. In Zug spielt neben der Lagequalität vor allem die Finanzplanung eine Rolle, da hohe Einkommen und Vermögen typischer sind – hier entscheidet die Zeitwert-und-Nutzung-Logik, ob die Zweitwohnung langfristig Sinn macht. Schwyz und Teile von St. Gallen weisen mehr Feriennutzung auf; dort wird die kantonale Umsetzung (Höhe, allfällige Schwellen, Ausnahmen) besonders relevant. Aarau (Aargau) ist stärker vom Pendler- und Familienmuster geprägt; Zweitwohnungen sind seltener, aber City-Apartments in Reichweite von Zürich können betroffen sein. Überall gilt: Die mikrolokale Nachfrage und der Zustand der Immobilie beeinflussen, ob Teilvermietung tragfähig ist und ob ein Verkauf eher am oberen Rand des Preisbands realisierbar ist.

Entscheidung treffen: Von der Simulation zur Strategie

Die beste Entscheidung entsteht selten aus Bauchgefühl, sondern aus einer transparenten Rechnung. Beginnen Sie mit einer Online-Preisband-Einschätzung und lassen Sie das Objekt anschliessend vor Ort von einer Fachperson beurteilen – Zustand, Gebäudehülle, energetisches Potenzial, Aussicht, Lärm, Erreichbarkeit, Haus- und Quartiersituation. Auf dieser Basis simulieren Sie drei Pfade: halten (mit ehrlicher Nutzungsbilanz), teilvermieten (mit konservativen Nettoannahmen) und verkaufen (heute vs. in 12–24 Monaten). Prüfen Sie parallel Ihre Finanzierung: Tragbarkeit ohne frühere Abzugsvorteile, Zinsbindung, Amortisationspfad. Und lassen Sie eventuelle Sanierungen nicht nur steuerlich, sondern auch marktseitig bewerten – energetische Massnahmen verbessern die Betriebskosten und häufig auch die Nachfrage, selbst bei Zweitobjekten.

30-Tage-Plan: Was Sie jetzt konkret tun

In den nächsten 30 Tagen schaffen Sie die Datengrundlage für gute Entscheidungen. Holen Sie eine realistische Preisspanne ein, ordnen Sie Unterlagen (Hypothek, Versicherungen, Protokolle, Energie-Nachweise, Renovationsrechnungen) und vereinbaren Sie ein Bankgespräch zu Tragbarkeit, Amortisation und Zinsbindung. Definieren Sie Ihre Nutzung für die kommenden zwölf Monate: Wie viele Wochen sind realistisch? Welche Mindestmiete ist bei Teilvermietung erzielbar? Prüfen Sie schliesslich, ob kurzfristige Werterhaltungs- oder Energie-Massnahmen die Attraktivität und die Netto-Rechnung verbessern, falls Sie halten oder vermieten.

Fazit

Die mögliche Liegenschaftssteuer auf selbstgenutzte Zweitwohnungen ist kein Grund zur Panik, aber ein Anlass zur Neukalibrierung. Wer nüchtern rechnet, erkennt schnell, ob Halten, Teilvermietung oder Verkauf langfristig die größere Klarheit und Rendite bringt. Entscheidend ist, dass Sie die Übergangszeit klug nutzen: Preisband als Startpunkt, Expertise vor Ort für die Feinjustierung, Simulation in Bandbreiten für Steuern und Nutzung – und erst dann die Entscheidung. So bleiben Sie handlungsfähig, egal wie Ihr Kanton die neuen Möglichkeiten konkret ausformt.

Lesenswert

Aktuelles aus der Immobilienwelt